Über die Zukunft der Schule
Wer sind die BildungsverliererInnen in Österreich?
Laut der Bildungskämpferin sind vor allem Kinder und Jugendliche, die in ein ökonomisch schwaches Elternhaus geboren wurden, gefährdet, nicht die gleiche Bildung wie andere zu erhalten. Aber auch Kinder, die mit eher bildungsfernen Eltern leben oder die eine andere Erstsprache als Deutsch haben, gelten als gefährdet. Finanzielle Mittel, Bildung der Eltern und Muttersprache: Diese 3 Komponenten scheinen ausschlaggebend zu sein für die Bildung und den späteren Erfolg im Leben. Fällt nur eine dieser 3 Komponenten aus dem Muster, dann habe das Kind einen viel schlechteren Start ins Bildungsleben. Problem sei laut Schrodt nicht die Erstsprache allein, sondern die Kombination aus diesen 3 Faktoren.
Der pädagogische Ansatz muss früher beginnen
Derzeit gäbe es, bedingt durch die Corona Pandemie, einen großen Bedarf an kurzfristigen Maßnahmen, wie etwa das Lernen mit digitalen Tools, das zur Verfügung stellen von modernen Geräten wie Laptops und iPads sowie die Weiterbildung der Lehrkräfte in digitalen Belangen. Um die Schulen aber auf Dauer fit für die Zukunft zu machen, brauche es laut Schrodt ein Gesamtkonzept, welches bereits in der Elementarpädagogik ansetze. Schon im Kindergarten müsse man mit Familien, die Unterstützung brauchen, in Kontakt treten. Die Kinder sollen nicht schon mit Defiziten in das erste Schuljahr starten.
„Während der Corona-Pandemie haben viele Kinder einen Schullaufbahnverlust erlitten. Manche Kinder, die in bestimmten Fächern wie etwa Mathematik schon sehr gut waren, durften wegen mangelnder Deutschkenntnisse nicht in die nächste Klasse aufsteigen und ich verstehe nicht, warum man diesen Kindern den Deutsch Test nicht erlassen hat, obwohl man die mündliche Matura sofort erlassen hat und andere Kinder mit einem Nicht Genügend in die nächste Klasse aufsteigen konnten.“
Mädchenförderung nach wie vor wichtig
Heidi Schrodt hat sich auch jahrelang für die Förderungen von Mädchen eingesetzt. In ihrer Zeit als Direktorin hat sie 1994 auch eine reine Mädchenklasse eingeführt.
„Die Mädchen aus der Mädchenklasse waren sehr selbstbewusst durch diesen Unterricht. Es ist zum Beispiel bekannt aus der Koedukations-Forschung, dass die Pausenräume in Schulen meist von den Buben beansprucht werden. Als bei uns in der Schule sich die Mädchen bewusst ihren Raum genommen haben, z.B. zum Seilspringen, sind sie wahrgenommen worden in ihrem Selbstbewusstsein.“
Weitere Studien, wie sich die Koedukation auf Mädchen auswirkt, haben gezeigt, dass Maturantinnen aus reinen Mädchenschulen wesentlich öfter Naturwissenschaften und technische Fächer zu studieren begonnen haben. Auch heute würde laut Heidi Schrodt die Mädchenförderung noch dringend benötigt werden. In den Köpfen der Menschen komme das Thema Gleichberechtigung aber immer erst dann auf, wenn man sehe, dass es zu wenig Mädchen im Medizinstudium gäbe oder dass der Nachwuchs in der Technik fehle.
Für die Schule der Zukunft wünscht sich Schrodt, dass man den Sprung zu einer gerechten Schule für alle schafft:
„Für die Schulen wünsche ich mir, dass alle Kinder die gleichen Chancen haben. Da hat Österreich Nachholbedarf. Die Beseitigung der Ungleichheit und Ungerechtigkeit in den Schulen, die sollten wir zum nationalen Ziel erklären. Aber dort, wo wir gut sind, etwa im Bereich der berufsbildenden höheren Schulen, das soll man weiter ausbauen und stärken.“
Die Bildungsexpertin Heidi Schrodt feierte am 15. Juli ihren 70. Geburtstag. Sie engagiert sich seit Jahrzehnten für ein moderneres, gerechteres Bildungssystem. Sie war langjährige Direktorin des Gymnasiums Rahlgasse in Wien. Außerdem ist sie Vorsitzende der Bildungsinitiative "BildungGrenzenlos". Auch nach ihrer Pensionierung macht sie sich für Bildungsgerechtigkeit stark.