Schule in der Corona-Krise: Nachlernen in den Ferien?
„Die Urlaubssituation ist jedes Jahr eine Herausforderung, weil Eltern meist nur 5 Wochen Urlaub pro Jahr haben. Jetzt sind aber diese Urlaubstage bei vielen schon aufgebraucht und die Großeltern fallen für die Betreuung in diesem Sommer aus.“
Eine österreichweite Elternumfrage des Dachverbands hat gezeigt, dass die Eltern während des Home-Schoolings viele Aufgaben der LehrerInnen übernommen haben. ¾ der Unterrichtszeit hätten die Eltern mit den Kindern gelernt, nur ¼ des Lernstoffes wurde laut Evelyn Kometter, Vorsitzende des Dachverbands der Elternvereine an Pflichtschulen, von den LehrerInnen vermittelt. Insgesamt wurde laut der Befragung vor allem in den Hauptgegenständen zu wenig gelernt, im Durchschnitt nämlich nur 1 Stunde pro Hauptgegenstand pro Woche. Natürlich hätten sich viele LehrerInnen auch sehr eingesetzt, haben neue Lernmethoden ausprobiert und seien oft stundenlang für die Belange der Eltern und SchülerInnen erreichbar gewesen. Bei den Kindern gäbe es jetzt aber dennoch große Unterschiede. Während ein Bereich mit großer Unterstützung der Eltern fleißig weitergelernt hat, hatte ein anderer große Probleme im Home-Schooling oder Eltern, die schlicht keine Zeit oder Möglichkeiten hatten, um die Kinder im Unterricht zu Hause zu unterstützen.
Elternverein fordert Sommerschule
Die ElternvertreterInnen fordern deshalb ab August eine Sommerschule, für all jene Kinder, die Schwierigkeiten beim Home-Schooling hatten bzw. für schwächere SchülerInnen. Auch die ansässigen Schulen sollen geöffnet werden. Konkret fordern die ElternvertreterInnen kostenlose Aufholkurse vom Kindergartenbereich bis zur Oberstufe (6- bis 16-Jährige) an allen Schulstandorten von August bis Schulbeginn, „damit alle SchülerInnen ohne Nachteile ins nächste Schuljahr starten können“. Eveylin Kometter appelliert an alle LehrerInnen, die sich engagieren möchten, besonders jedoch an LehramtstudentInnen: „Ihr habt die Möglichkeit, euch zu beweisen, einiges auszuprobieren, in Kleingruppen zu arbeiten und wertvolle Erfahrungen zu sammeln“. Der Einsatz von LehramtstudentInnen in den Sommercamps sei eine "win-win-win"-Situation. Eine Entlastung für alle Lehrkräfte der letzten Wochen, eine tolle Gelegenheit für StudentInnen, Berufserfahrung zu sammeln, und nicht zuletzt ein immenser Vorteil für die Kinder, versäumten Stoff nachzuholen!
Die Anmeldung zu den Lerncamps bzw. Summer-Schools soll kurzfristig und tageweise möglich sein, für das von den Eltern geforderte Lernangebot von 4 Stunden pro Tag sollen die LehrerInnen der jeweiligen Schulen sorgen. Vor Schulschluss sollen die jeweiligen KlassenlehrerInnen eine Empfehlung ausstellen, welche SchülerInnen es notwendig haben, Stoff aufzuholen. Bis Ende Mai sollen alle notwendigen rechtlichen Maßnahmen für Summer-Schooling und Lerncamps definiert werden, so Kometter.
Engpass bei der Kinderbetreuung: Gratis Feriencamps als Lösung?
Laut dem Elternverein führten die Corona-bedingten wochenlangen Schulschließungen bei Familien zu einem Engpass bei der Kinderbetreuung. Viele Eltern haben laut Kometter nicht mehr genug Urlaubstage für die Kinderbetreuung im Sommer. „Die Urlaubssituation ist jedes Jahr eine Herausforderung, weil Eltern meist nur 5 Wochen Urlaub pro Jahr haben. Jetzt sind aber diese Urlaubstage bei vielen schon aufgebraucht und die Großeltern fallen für die Betreuung in diesem Sommer aus“, so Kometter. Heuer sei der Spagat, wie die Sommerferien zu organisieren sind, für die Eltern besonders groß. Die ElternvertreterInnen unterstützen deshalb die von der Arbeiterkammer geforderten gratis Ferienangebote im Sommer. „Der Bund muss den Ausbau von attraktiven Kinder-Ferienangeboten von Ländern und Gemeinden schnell und direkt unterstützen und die Ferienangebote müssen flächendeckend und beitragsfrei für alle Kinder zur Verfügung gestellt werden“, fordert die AK.
Laut Kometter könnten dafür auch andere Ministerien eingebunden werden, zum Beispiel Wirtschaft oder Sport. „Jetzt ist die Zeit, näher zusammenzurücken und Synergien zu nutzen. Das Sportministerium könnte sich mit verschiedensten Sportkursen oder Trainings gut in die Sommercamps einbringen, und auch das Wirtschaftsministerium wäre ein interessanter Partner, um den Kindern wirtschaftliche Zusammenhänge verständlich zu machen“, schlägt Kometter vor.
Diese neuen Sommercamps würden nicht nur eine Entlastung für die Eltern bedeuten, sondern die Kinder auch auf vielschichtige Art, je nach ihren Interessen, fördern. Im Herbst könnten dann alle auf einem hohen Level in das neue Schuljahr starten, weswegen Sommerschulen und Feriencamps heuer essentiell wären.
Schulen: Noch einige Baustellen, bevor es in die Ferien geht
Bevor die Sommerferien und mit ihnen die gewünschten Sommerschulen und Feriencamps starten, haben die Schulen selbst noch einige Herausforderungen zu bewältigen, wie etwa die Freistellung der über 60-jährigen BundeslehrerInnen. BundeslehrerInnen über 60 können sich aufgrund ihres Alters vom Unterricht freistellen lassen, auch wenn sie keine RisikopatientInnen sind. Doch auch von den LandeslehrerInnen melden sich laut Kometter viele aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Corona Virus krank.
Die ElternvertreterInnen befürchten, gerade in Schulen, wo viele 60plus Lehrer arbeiten, einen PädagogInnen-Mangel und fordern, dass LehrerInnen, die sich freistellen lassen, im Homeoffice weiterarbeiten. „Gesundheit geht klar vor! Die Lehrkräfte, die zu Hause bleiben, sollen jedoch weiterhin Distance-Learning anbieten. Es gibt genügend Kinder, die aus gesundheitlichen Gründen oder weil ihre Eltern zur Risikogruppe gehören, die Schule nach vor nicht besuchen können. Die LehrerInnen, die sich freistellen lassen, sollen diese SchülerInnen via E-Learning betreuen!“, so Kometter. ¼ Viertel der Eltern würde laut einer Befragung eine zumindest teilweise Fortführung des Home-Schooling bevorzugen.
Die Wiederaufnahme des Schulbetriebs ist laut dem Elternverein zwar ohne größere Komplikationen über die Bühne gegangen, stelle aber Eltern organisatorisch vor enorme Herausforderungen. Schwierig sei vor allem die Einteilung des Schulunterrichts in A und B Gruppen. Demnach soll laut Bundesministerium die eine Hälfte der Kinder von Montag bis Mittwoch an der Schule sein, die andere am Donnerstag und Freitag. In der Woche darauf ist es umgekehrt. An jeder Schule kann es davon aber auch Abweichungen geben, wenn es ein passenderes Modell gibt, wie etwa „eine Woche Unterricht - eine Woche frei“.
In den Schulbezirken wird die Einteilung schulautonom gehandhabt, die DirektorInnen entscheiden selbst, wie sie das System einführen. Die Bundeselternvertretung hätte sich hier laut Kometter eine einheitliche Lösung gewunschen, wo alle Schulen gleich alternierend eingeteilt werden. Denn die Leidtragenden seien wie so oft die Eltern, besonders Mehrkindfamilien. „Gehen Kinder einer Familie in zwei unterschiedliche Schulen, kann es passieren, dass beide Kinder an verschiedenen Tagen in der Schule sind. Zwar wird an den Schulen zusätzlich Betreuung zum Unterricht angeboten - diese Betreuungsgruppen will man aber möglichst klein halten“.
Auch der Schulweg beziehungsweise der Transport zu den Bildungseinrichtungen gehört laut Kometter derzeit zu den großen Herausforderungen. Das Personenbeförderungsgesetz falle zwar nicht in den Bildungsbereich, weswegen jetzt das Verkehrsministerium gefragt sei und Lösungen finden müsse. „Der notwendige Sicherheitsabstand muss auch auf den Wegen in die Schulen eingehalten werden“. Letztendlich komme es laut Kometter darauf an, dass alle mitmachen. Für sie müssen Land und Verkehrsunternehmen zudem klären, ob mehr Busse oder Züge eingesetzt werden können, und wie man Schulbusse so organisiert, dass möglichst wenige SchülerInnen gleichzeitig im Bus sind.