Kleinkinder brauchen Nähe!
„Krisenzeiten erfordern bundesweite gesetzliche Regelungen für alle PädagogInnen, nicht „nur“ für den schulischen Bildungsbereich!“
Wir werden hier gänzlich alleine gelassen!
Raphaela Keller fordert bundesweite gesetzliche Regelungen für alle, denn bisher sind gesetzliche Verordnungen für Kindergärten und Horte den Bundesländern überlassen und das führt vor allem in der Corona-Krise zu vielen Unklarheiten. Zwar präsentierte Bildungsminister Heinz Faßmann Ende April das 18 Seiten umfassende Hygienehandbuch für Schulen sowie elementare Bildungseinrichtungen, dennoch fühlen sich die ElementarpädagogInnen von der Regierung weitgehend im Stich gelassen. Die darin angegebenen Regelungen treffen bei der ÖDKH-Vorsitzenden teilweise auf Unverständnis. Etwa schon die Übergabe der Kinder, die laut Ministerium am Eingang zur Einrichtung erfolgen solle um ein Ansteckungsrisiko zu minimieren, sieht Raphaela Keller problematisch. „Ja, soll die Mutter ihr Kind einfach im Kinderwagen zu uns herschieben oder wie stellen sie sich das vor?“
Vor allem auch der Appell der körperlichen Kontaktvermeidung sei in der Arbeit mit Kleinkindern nicht umsetzbar, denn „je jünger die Kinder sind, desto mehr sind sie an Körperkontakt gebunden, sie brauchen diese stabile Beziehung“, kommentiert Keller. Gut vorstellen kann sich die Elementarpädagogin hingegen das Hände desinfizieren sowie das Tragen von Mundschutz. „Die Kinder sind die Masken jetzt gewöhnt und elementare Bildungseinrichtungen sind ein Spiegel des Alltäglichen. Außerdem kann man daraus ja auch ein Spiel machen, welche Mimik mache ich unter der Maske usw.“, dadurch lernen Kinder auch viel, ist Keller überzeugt. An einen regelrechten Ansturm an die wieder geöffneten Kinderbetreuungsstätten glaubt die ÖDKH Vorsitzende aber nicht, schließlich hätten die Eltern, aufgrund der nur schwer einzuhaltenden Schutzmaßnahmen, eher Angst davor, ihr Kind in den Kindergarten zu schicken, meint Keller.
Verhaltensempfehlungen nur bis 30% umsetzbar
Das österreichische Hilfswerk hingegen rechnet mit einem deutlichen Anstieg an betreuungsbedürftigen Kindern ab dem 18. Mai. Gerade für private Einrichtungen könne ein rasanter Anstieg aber dann zum Problem werden, denn die Schutz- und Hygienemaßnahmen seien bei einer Auslastung über 30% nicht mehr im vollen Ausmaß umsetzbar, heißt es aus dem Hilfswerk Österreich.
Auch Raphaela Keller sieht die Rückkehr zum Vollbetrieb kritisch. Seit Jahren kämpfe man ohnehin mit Personalengpass und durch die mangelhaften Schutzempfehlungen auch für ältere Mitarbeiter kann das problematisch enden:
„Wir sind die einzige Berufsgruppe, bei der die Schutz- und Hygienemaßnahmen nicht umsetzbar sind und da fällt niemandem etwas ein. Wir werden da komplett alleine gelassen“
Tipps für ElementarpädagogInnen: Ruhig auch etwas auslagern!
Bei wertvollen Tipps an die Belegschaft klammert sich Raphaela Keller an zwei große Schlagworte: Bedürfnisorientiert handeln und ruhig auch etwas auslagern, wenn Platzmangel herrscht!
In manchen Gemeinden sei die Benutzung etwa von Besprechungsräumen am Gemeindeamt zur Gruppenaufteilung möglich, ist die Elementarpädagogin überzeugt. Wichtig für die Zeit der Wiedereröffnung ist für die Vorsitzende des Berufsverbandes aber vor allem, dass man im Team schaut, was es braucht, um dies dann mit der nächsten Entscheidungsstelle zu klären, auch wenn das nicht immer einfach ist. Auch hier wird eine jahrelange Forderung von Keller laut: „Jede Einrichtung braucht stabile administrative Kräfte, damit die Kiga-Leitungen wirklich ihr Team leiten können. Und das, was seitens der Politik jahrelang versäumt wurde, rächt sich jetzt 10-fach!“, ist Keller überzeugt.