Für ein neues Bildungssystem in Österreich!
Es gibt viele Probleme
Die Baustellen sind bekannt: Zu wenige Lehrkräfte, überarbeitete Direktoren, frustrierte Eltern und Schüler, die bei PISA-Tests gerade über dem guten Durchschnitt liegen. Es fehlt an Platz und auch das Problem der Integration ist in vielen Teilen Österreichs ein brennendes. Und all das bei jährlich gut 20 Milliarden Euro, die in Österreich ins Bildungswesen fließen. Wie dem also beikommen?
Die UK als Vorbild für Österreich?
In Großbritannien wurden zahlreiche, sogenannte Brennpunktschulen „gedreht“. Die Probleme dort waren denen hierzulande nicht unähnlich: Schulen in sogenannten Problemvierteln mit mehr als 80 % Kindern mit nicht-englischer Muttersprache, viele von ihnen auch sozial benachteiligt. Deren Lernergebnisse wurden im Zuge des „London Effect“ genannten Projekts drastisch gedreht. Kontinuierliche Professionalisierung, Unterrichtsentwicklung, kollegiale Hospitation, Einführung einer mittleren Managementebene an Schulen, eine hohe Autonomie der Bildungseinrichtungen und nicht zuletzt auch individuelle finanzielle Unterstützung einzelner Schulen waren nur einige dieser Erfolgsfaktoren und könnten als Blaupause auch für Österreich dienen.
Ideologiegetriebene Politik macht es kaum einfacher
Um hier allerdings eine Änderung herbeizuführen, bedarf es vor allem der Politik. Aber, wie so vieles in diesem Land, ist Bildung auch und vor allem ideologiegetrieben. Das beginnt bei der Endlosdiskussion um ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr und geht bis ganz hinüber ans andere Ende der Skala, wo gar eine Abschaffung der Matura diskutiert wird. Lässt sich so jemals ein Konsens unter Politikern finden?
Mehr Schulautonomie als kleinster gemeinsamer Nenner
Die Ergebnisse des „London Effects“ haben zumindest vordergründig auf die Bildungssprecherinnen und -sprecher Eindruck gemacht. Dabei wird eines klar: Eine Änderung im Bildungssystem geht nicht von heute auf morgen und wird ein langer und mühevoller Prozess, wie ÖVP-Bildungssprecher Rudolf Taschner betont:
Dass das Thema Bildung polarisiert, darauf macht der FPÖ-Bildungssprecher aufmerksam: So gäbe es nicht nur neun Millionen Fußballtrainer, sondern auch neun Millionen Bildungsexperten in diesem Land. Die Entscheidung, wie es weitergeht, müsse letztendlich die Politik treffen, so Hermann Brückl!
Als eines der derzeitigen Probleme hat Sibylle Hamann die Ressourcenverteilung definiert: sprich, wo fließt das Geld hin, wer bekommt wieviel, wer nicht und warum nicht, so die grüne Bildungssprecherin. Das gezielte Fördern einzelner Schulstandorte sei wichtig, scheitere aber derzeit offenbar daran, dass – auf gut österreichisch gesagt – einer dem anderen die Förderung neidet.
Wesentlich ist für alle Diskutanten: Die Autonomie der Schulen muss in Österreich stärker ausgebaut werden. Dazu brauche es die entsprechenden Voraussetzungen: Noch mehr Entlastung der Direktoren, gezielte finanzielle Zuwendungen und ein weiterer Abbau der Bürokratie, so Martina Künsberg-Sarre, Bildungssprecherin von den NEOS.
Eine Frage, der sich die Diskussion auch gewidmet hat: Wie ist Bildung eigentlich messbar und muss Bildung überhaupt gemessen werden? Natürlich soll sie das, gerade die internationalen Vergleiche zeigen, wo das System eventuell nachjustieren muss, SPÖ-Bildungssprecherin Muna Duzdar vermisst darin allerdings die sozialen Komponenten.
Der kleinste gemeinsame Nenner
Zumindest zwei Dinge haben sich bei dieser Diskussion herauskristallisiert: Dass etwas geändert gehört, und zwar ebenso dringend wie nachhaltig, ist allen Parteienvertretern bewusst. So weit, so gut. Es wird aber sehr große Anläufe brauchen, um über den eigenen ideologischen Schatten zu springen, auch das hat die Diskussion klar aufgezeigt. Denn der kleinste gemeinsame Nenner der Parteien ist nämlich genau das. Und nur das. Für eine nachhaltige Veränderung des österreichischen Bildungssystems wird das allerdings zu wenig sein.