Umweltbildung wird stärker in Lehrplänen verankert

Vor einigen Wochen sind die Entwürfe der neuen Lehrpläne für Geographie und Wirtschaftsbildung noch heftig verrissen worden. Jetzt stellen ihnen die „Teachers for Future“ ein gutes Zeugnis aus: Denn Themen wie Umwelt, Natur, Klima sowie Nachhaltigkeit erhalten hier mehr Gewicht als bisher. Als nunmehr "übergreifendes Thema" wird Umweltbildung (wie andere bisherige Unterrichtsprinzipien) zusätzlich in den jeweiligen Fachlehrplänen erwähnt. Dazu kommen Umsetzungsziele am Ende von Mittelschule und AHS-Unterstufe.

Stärkerer Fokus auf Umweltthemen

David Lahmer vom Fachbereich Umwelt und Biodiversität der Universität Salzburg, arbeitet derzeit an seiner Dissertation. Dort vergleicht er die Verankerung von Umwelt, Natur, Klima und Nachhaltigkeit in den aktuellen und den ab 2023/24 vorgesehenen Lehrplänen. Er ortet einen künftig stärkeren Fokus auf diese Themen. Entsprechende Begriffe werden im Entwurf laut einer ersten Analyse zwar insgesamt nur minimal häufiger verwendet. Das Thema kommt aber immerhin in neun statt bisher vier der 15 Fächer vor. Zuwächse gibt es vor allem bei Klima(-wandel) und Nachhaltigkeit.

Florian Kaltseis von den Teachers for Future hebt vor allem das Kompetenzziel "Visionen für eine umweltverträgliche und nachhaltige Zukunft entwickeln und Handlungen, die einen nachhaltigen Beitrag dazu darstellen, planen und umsetzen" hervor. Dieses könne man durchaus als "Aufforderung zu Aktivismus" lesen.

Geografie und Wirtschaftsbildung

Eine besonders starke Verankerung von Umweltbildung sieht Kaltseis im Fach Geografie und Wirtschaftsbildung. Dabei werde bei den zu erwerbenden Kompetenzen explizit auf die Berücksichtigung "höchst dringlicher und miteinander verwobener globaler Herausforderungen wie Klimawandel, Artenverlust, Ressourcenverbrauch sowie Flucht- und Migrationsbewegungen" verwiesen.

Teachers for Future mit neuem Lehrplan zufrieden

Überhaupt stellen die Teachers for Future dem zuletzt von den wirtschaftspädagogischen Forschungs- und Lehreinheiten der Unis heftig kritisierten Lehrplan für Geografie und Wirtschaftsbildung ein gutes Zeugnis aus. Die Wirtschaftspädagoginnen und -pädagogen hatten "empfindliche inhaltliche Auslassungen" geortet. Der Lehrplan setze "auf die irregeleitete Hoffnung, man könne junge Menschen kritikfähig machen, wenn man ihnen Werte vermittelt, ohne die für kompetentes Werten unverzichtbaren kognitiven Grundqualifikationen mitzuvermitteln."

Die Teachers for Future hingegen loben in einer Stellungnahme, dass im Lehrplan-Entwurf "unternehmerische und gesellschaftliche Zugänge zu Volks- und Betriebswirtschaft gleichwertig abgebildet werden" und dass Schülerinnen und Schüler neben praktischem unternehmerischem Umgang mit "den ökonomischen Konzepten von Markt, Staat und deren Versagen" auch "deren Reflexion im Sinne der pluralen Ökonomie (insbesondere Postwachstum, Gemeinwohl- und Solidarische Ökonomie)" erlernen sollen. Der neue Lehrplan sei "ein wichtiger Schritt in Richtung eines zukunftsfähigen Bildungssystems."

Auch Lehrplanentwickler sind mit Vorschlägen einverstanden

Auch Lehrplanentwicklerinnen und -entwickler wie der Fachdidaktiker und HTL-Lehrer Herbert Pichler oder Marcel Vorage (Pädagogische Hochschule Salzburg und Mittelschul-Lehrer) haben jüngst in den "Salzburger Nachrichten" den Lehrplan verteidigt und den Schritt vom in der Praxis oft noch recht stofforientierten Unterricht hin zu einem kompetenz- und lebensweltorientierten Zugang hervorgehoben. Mit diesem reiche es nicht mehr, etwas zu wissen. "Man muss mit dem Wissen etwas anfangen können, man muss dieses Wissen anwenden und bis zu einem gewissen Grad auch reflektieren und bewerten können", so Pichler. Puncto Geografie-Lehrplan betont er, es sei nicht gleich "Wirtschaftsbashing", wenn es nicht nur um "Chancen der Globalisierung" gehe. Auch Praxisferne sei dem Lehrplan nicht vorzuwerfen. Er habe bei der Lehrplan-Erarbeitung viel Erfahrung aus dem Unterricht an der Mittelschule eingebracht, so Vorage. "Man darf nicht aus den Augen verlieren, dass man mit Kindern arbeitet."

Praxisbedeutung noch nicht absehbar

Was die Stärkung von Klimathemen in den Lehrplänen in der Praxis bedeutet, wird sich erst weisen. Mit der Umsetzung als fächerübergreifendes Thema liege die tatsächliche Praxis jedenfalls weiterhin stark an den Interessen der jeweiligen Lehrerinnen und Lehrer, betont Dissertant Lahmer. "Die Chance, das Thema der Nachhaltigkeit tatsächlich in allen Fächern zu verankern, wurde nicht genutzt." Geht es nach dem Bildungsforscher Stefan Hopmann, wäre allerdings angesichts einer totalen Überfrachtung der neuen Lehrpläne auch das sinnlos. "Wenn ich das ins Buchregal stellen würde, dann nicht zur Kategorie 'Pädagogik', sondern eher zu den Märchen", sagte er jüngst der "Kleinen Zeitung".

 

Quelle: APA Science