Aggressionen, Gewalt, Beleidigungen mit dem schulischen Leitbild eingrenzen
Classroom-Management als Orientierung für die Schulphilosophie
Classroom-Management bietet Lehrpersonen und Schulen die Grundlage für einen qualitativ hochwertigen Unterricht. Die drei Säulen guten Unterrichts sind (Schleicher, 2018):
- eine gute Lehrpersonen-Schüler-Beziehung und ein gutes Klassenklima,
- ein geordnetes Klassenzimmer, bei dem eine präventiv angelegte Unterrichtsplanung und –führung eine zentrale Rolle spielen,
- die Kompetenz, Stören undramatisch zu beenden.
Leitbilder mit konkreten Schritten unterfüttern
Fallbeispiel: „Jeder Schüler ist uns wichtig“: Viele Schulphilosophien enthalten wertvolle Leitsätze wie z.B.: „im Zentrum unserer Arbeit steht individuelle Zuwendung und Betreuung“ (Schulverbund Bielefeld). Eine sehr gute Idee. Nur ist noch nicht klar, wie das genau aussieht, und wie die Rahmenbedingungen sind, um dies zu verwirklichen, z.B. bei großen Klassen mit zahlreichen SchülerInnen mit sehr herausforderndem Verhalten. In einer solchen Klasse sollten sich Lehrpersonen während des Unterrichts nur kurz, etwa eine Minute, einem einzelnen Schüler komplett zuwenden. Wenn sie das länger machen reduzieren sie damit ungewollt ihre Präsenz, bzw. Allgegenwärtigkeit im Klassenzimmer (Eichhorn, 2022). Damit steigt sofort das Risiko, dass bald einige SchülerInnen mit Stören beginnen. Wer häufiger einen Besuch im Klassenzimmer macht, kann das schon bald voraussehen.
Fallbeispiel kleine Unterrichtsstörungen: In einer Studie schauten Lehrpersonen Videos von Unterrichtsstörungen. Was für den einen eine große Störung war, ist für einen anderen nichts Schlimmes (Wettstein und Scherzinger, 2019).
Beim schulischen Leitbild den Schritt ins Konkrete gehen. Vor allem, wenn wir Aggressionen, Gewalt, Beleidigungen usw. präventiv angehen wollen. Im Rahmen eines Schulentwicklungsprojekts hat eine Schule diesen Leitgedanken „Aggressionen, Gewalt, Beleidigungen präventiv eingrenzen“ wie folgt konkretisiert:
1. Sich über die neue Klasse vorinformieren: Im Classroom-Management ist klar: Wir haben nie mehr Einfluss auf unsere Klasse und auf jeden einzelnen unserer SchülerInnen als zu Beginn eines neuen Schuljahres (Eichhorn, 2022).
Wenn wir eine neue Klasse übernehmen, informieren wir uns noch im alten Schuljahr über die neue Klasse und die einzelnen SchülerInnen. Z.B. was lief in dieser Klasse gut. Dann können wir das eventuell ins neue Schuljahr übernehmen.
Andere wichtige Informationen:
- Fallbeispiel: Die meisten SchülerInnen einer 7. Klasse hatten eine sehr negative Haltung gegenüber dem Wort Klassenregeln. Als die damalige Lehrerin fragte, „warum sind Regeln wichtig?“ meldete sich ein Schüler und sagte, „das frag ich mich auch?“ Dann meldete sich ein anderer und sagte, „ist doch klar, um dagegen zu verstoßen!“ Gegröle in der Klasse. Aber, eine sehr wichtige Information: Denn offensichtlich haben viele SchülerInnen dieser Klasse eine negative Haltung gegenüber Regeln. Wenn die Lehrpersonen, die diese Klasse übernehmen, jetzt weiter mit dem Wort Klassenregeln arbeiten, wird ihre Arbeit zu diesem Thema enorm schwierig. Was tun? Die SchülerInnen gleich zu Beginn des neuen Schuljahres in Kleingruppen darüber nachdenken lassen, welcher Begriff für sie attraktiver ist. So fand eine Klasse den Begriff „Fairness-Code“: Dann mit der Klasse die Sinnfrage, „warum sind Abmachungen wichtig“ besprechen.
- Schwierige Unterrichtssituationen präventiv angehen – siehe Punkt 3.
2. Störungsarme Struktur des Klassenzimmers einrichten: Im Classroom-Management gilt: Maximize proximity to minimize problems. Das Klassenzimmer so einrichten, dass man jeden Ort unkompliziert erreichen kann. Die Vorteile: Den SchülerInnen, die zu Aggressionen, Gewalt und Beleidigungen neigen:
- Unkompliziert Anerkennung zuflüstern, wenn sie etwas gut machen. Damit fördert man bei ihnen positive Emotionen und den Beziehungsaufbau.
- Sie unterstützen, wenn sie Probleme mit dem Schulstoff haben – um negative Emotionen bei ihnen einzugrenzen.
- Darauf achten, ob sie sich schlecht fühlen. Sie dann ansprechen und ihnen z.B. die Ruhe-Oase der Schule anbieten. Andernfalls könnten sich ihre negativen Emotionen aufbauschen und das Risiko aggressiven Verhaltens steigern.
- Wenn sie mit Stören beginnen, frühzeitig intervenieren, indem man Nähe herstellt, ihnen sachlich zuflüstert, was sie tun sollen und zügig weiter unterrichtet (Eichhorn, 2018).
3. Handlungsoptionen für schwierige Unterrichtssituationen VOR dem ersten Schultag entwickeln: Fallbeispiel: Als eine Lehrerin einer 8. Klasse ihr Klassenzimmer betrat stand an der Tafel „hau ab, du blöde Schlampe“. Wenn ich während meiner Lehrzeit darauf nicht vorbereitet gewesen wäre, hätte ich deutlich unangemessen reagiert. Das geschieht ungewollt auch vielen Lehrpersonen. Nämlich, dass sie verärgert fragen, „wer war das?“ Natürlich ist keine Überraschung, wenn sich jetzt niemand meldet. Damit besteht das Risiko, dass sich ihr Ärger verstärkt und sich auf die gesamte Klasse überträgt. Das würde ihren Unterricht ungünstig beeinflussen, z.B. unfreundlich sein, schon bei kleinsten Störungen viel kritisieren, vielleicht sogar SchülerInnen abwerten. Das erschwert es den SchülerInnen, eine positive Beziehung zu ihrer Lehrperson aufzubauen. Ungewollt machen Lehrpersonen jetzt das Gegenteil von dem, was sie eigentlich wollten, nämlich eine gute Beziehung zu ihren SchülerInnen aufzubauen. Klar kann so etwas ohne entsprechende Ausbildung vorkommen. Denn Lehrpersonen haben ja während des Unterrichts keine Zeit, um über angemessenes Intervenieren bei massiven Störungen nachzudenken. Aber damit hätten sie schon in den ersten Tagen eines neuen Schuljahres ihre Position als Lehrperson ungewollt abgeschwächt, mit oft langfristigen Konsequenzen. Denn jetzt gegensteuern wird immer anspruchsvoller, vor allem bei älteren SchülerInnen, die eine negative Haltung gegenüber ihrer Schule in die neue Klasse mitbringen.
4. Beziehungen aufbauen – ab dem ersten Schultag: Gute Beziehungen sind kein Zufall, sondern das Ergebnis von innerer Haltung, guter Planung und Geduld. Dabei auf Prioritäten setzen. Denn leider sind Zeit und Energie sehr knappe Ressourcen im Schulalltag. Der Beziehungsaufbau hat vor allem bei den SchülerInnen besondere Priorität, die im letzten Schuljahr durch Aggressionen, Gewalt, Beleidigungen usw. auffielen. Unbewusst würden wir uns nämlich gerade diesen SchülerInnen nicht zuwenden, sondern denen, die uns sympathisch sind. Das ist ganz normal wie die Studie von Brophy (2004) bestätigt. Auch wenn die Studie älter ist, ist sie heute noch extrem bedeutsam. Nur kennen sie viele Lehrpersonen leider nicht. Die Studie belegt:
- SchülerInnen mit herausforderndem Verhalten stehen unter besonderer Beobachtung ihrer Lehrperson. Wenn sie stören, fällt es ihr gleich auf. Und es kann bei ihnen schnell zu Unbehagen führen.
- Diese SchülerInnen werden öfter kritisiert und ermahnt als andere.
- Sie erhalten kaum Lob und Anerkennung.
- Die L hat kaum informelle Kontakte zu ihnen und geht ihnen aus dem Weg.
All dies geschieht weitgehend unbewusst. Erschwert es aber diesen SchülerInnen, eine Beziehung zu ihrer Lehrperson herzustellen, kann dies schnell dazu führen, dass sie ihre Lehrperson ablehnen. Mit enormen negativen Konsequenzen. Denn diese SchülerInnen stören jetzt mehr, intensiver und befolgen Anweisungen ihrer Lehrperson weniger.
Deshalb bietet es sich an, genau das Gegenteil zu tun, was Brophie beschreibt. Nämlich ab dem ersten Schultag auf diese Schüler zugehen, darauf achten, was sie gut machen und ihnen möglichst zeitnah Anerkennung geben. Und das möglichst sogar notieren. Das machen möglichst alle Lehrpersonen dieser Klasse. Hin und wieder tauschen sie sich darüber aus, was diese SchülerInnen gut machen. Das erleichtert es ihnen eine gute Beziehung zu diesen SchülerInnen herzustellen und den Schüler:innen zu diesen Lehrpersonen.
Die support-question: Während der zweiten oder dritten Schulwoche führt man mit den SchülerInnen, die im letzten Schuljahr Aggressionen, Gewalt oder Beleidigungen zeigten, und bei denen man vermutet, dass sie negative Emotionen gegenüber Schule, Lernen oder Lehrpersonen haben, Einzelgespräche.
Fallbeispiel: Eine Lehrerin sagte, „Kira, du weißt doch, dass es uns wichtig ist, dass du dich in der Klasse wohl fühlst (das hatten sie gleich zu Beginn des neuen Schuljahres der Klasse mitgeteilt). Ich möchte dich fragen, fühlst du dich wohl?“ Jetzt sagt Kira aber richtig aggressiv, „immer diese Scheiß-Hausaufgaben.“ Zu einem anderen Lehrer sagte ein anderer Schüler auch richtig aggressiv, „Sie sind unfair, immer bin`s ich, bei den anderen sagen Sie nie was.“ Geht es jetzt darum, den beiden eine Sanktion zu geben?
Nein, auch wenn ihr Verhalten deutlich unangemessen ist. Aber wir können doch froh sein, dass sie uns mitteilen, was sie belastet. Ziel ist jetzt, ihnen dabei zu helfen ihre negativen Emotionen abzubauen. Das können wir nicht tun, wenn uns ein Schüler seine negativen Emotionen verheimlicht und z.B. auf unsere Frage antwortet, „alles gut“. Jetzt können wir ihm nicht helfen, seine negativen Emotionen abzubauen. Wenn wir solche Gespräche NICHT führen, müssen wir damit rechnen, dass die negativen Emotionen von diesen Schüler:innen zunehmen und das Risiko von Aggressionen, Gewalt und Beleidigungen erheblich ansteigt (Eichhorn, 2022). Wenn jetzt ein Schüler Aggressionen oder Gewalt zeigt, wird auch das Intervenieren immer anspruchsvoller. Denn es besteht das Risiko, dass eine Lehrperson durch ungeschicktes Intervenieren seine negativen Emotionen ungewollt noch weiter verstärkt. Dann kann es sogar geschehen, dass ein solcher Schüler aggressiv auf seine Lehrperson losgeht und diese dann ein Trauma erlebt mit langfristigen Konsequenzen. Gut ist, wenn sie dann psychologische Unterstützung erhält. Damit diese zügig starten kann, bietet es sich, dies frühzeitig zu planen.
5. Den Unterricht so gestalten, dass sich meine SchülerInnen wohl fühlen, bzw. immer wieder mal wohl fühlen. Dass sich alle meine SchülerInnen immer wohl fühlen, ist wohl unrealistisch.
Fallbeispiel: Eine Klassenarbeit ist schlecht ausgefallen. Jetzt sind mehrere SchülerInnen deutlich verärgert. Denn vielen SchülerInnen und ihren Eltern sind gute Noten wichtig (Valtin, 2012).
Den Unterricht an den Bedürfnissen unserer SchülerInnen ankoppeln. Wesentliche Bedürfnisse vieler unserer SchülerInnen sind z.B.:
- gute Beziehungen zu MitschülerInnen und zur Lehrperson haben.
- erfolgreich und kompetent sein und Anerkennung erhalten. D.h., den SchülerInnen Kompetenzerleben ermöglichen, vor allem denen, die sich leistungsmäßig schwer tun und unter schlechten Noten leiden. Wir gehen von der Anerkennungs-Defizit-Hypothese aus, nach der viele SchülerInnen mit herausforderndem Verhalten, langjährigen schulischen Schwierigkeiten, Diagnosen wie ADHS usw. unter einem erheblichem Anerkennungs-Defizit-leiden, dass die von ihnen gezeigten Probleme verstärkt.
- Spaß und Freude erleben,
- aktiv sein können,
- dass sie gehört und ernst genommen werden sowie mitbestimmen können,
- wenn möglich Unterrichtsinhalte am Lebenserfahrungshintergrund der SchülerInnen ankoppeln bzw. hin und wieder die dadurch für sie entstehenden Vorteile sie erarbeiten lassen und mit ihnen besprechen.
6. Zeitbudgets für gemeinsamen Austausch und Einzelgespräche reservieren: Bei schwierigen Klassen, bei Klassen mit zahlreichen SchülerInnen mit herausforderndem Verhalten, bei Klassen in denen sich SchülerInnen bereits aggressiv verhalten haben, für die ersten Tage eines neuen Schuljahres Termine planen, an denen sich die Lehrpersonen dieser Klassen mit Fachpersonen austauschen können, z.B. im Rahmen einer Supervision.
Falls man keine Fachperson findet, bieten sich Fallbesprechungen der Lehrpersonen dieser Klasse an. Diese können sich an den folgenden Leitfragen orientieren:
- Was hat der Schüler schon Positives gemacht? Ziel ist, dass im Lehrerteam eine wohlwollende Haltung dem Schüler gegenüber entsteht. Dann arbeitet das Team kreativer, was Unterstützungsmöglichkeiten für den Schüler anbelangt. Hilfreich ist, wenn sich die Schule schon intensiver mit dem Thema Aggressionen, Gewalt und Beleidigungen beschäftigt hat. Das reduziert mögliche Konflikte im Lehrerteam und fördert eine gemeinsame Haltung des Vorgehens.
- Hypothesen bilden: Wieso könnte sich der Schüler so verhalten haben?
- Welches verborgene Bedürfnis könnte hinter seinem Verhalten stehen (Rosenberg, 2016)?
- Was hat der Schüler in den letzten Tagen gut gemacht?
- Was braucht der Schüler, um es besser zu machen?
- Wie können wir mit ihm so ins Gespräch kommen, dass er es als Unterstützung und nicht als Strafe erlebt?
- Was ist das Ziel eines solchen Gesprächs? Z.B., dass der Schüler zustimmt, es in Zukunft besser zu machen (Eichhorn, 2018).
Lösungsorientierung:
Fallbeispiel: Ein Schüler lief im letzten Schuljahr immer wieder durchs Klassenzimmer und störte Mitschüler und Lehrpersonen. Jetzt achten seine Lehrpersonen darauf, ob es ihm gelingt, es besser zu machen. Dazu benutzen sie Erinnerungskarten – siehe weiter unten unter „Unsere Führungsphilosophie um Aggressionen… einzugrenzen“.
Das kann in einem neuen Schuljahr vorkommen. Nur, wenn die Lehrpersonen das übersehen, versäumen sie ungewollt eine bedeutende Chance. Nämlich mit dem Schüler darüber ins Gespräch zu kommen, was er schon besser macht. Eine Lehrperson die so vorgeht, lädt ihn mit einer Einladungskarte ein:
Das hast du prima gemacht Dario - du bist eingeladen !!! |
Dario, du hast es gestern schon 3mal geschafft, die ganze Stunde am Platz zu bleiben – TOLL. Das zeigt, dass du auf einem guten Weg bist und dich verbessern kannst !!! War es schwierig, das zu schaffen? Lass uns doch morgen zusammenkommen und uns darüber austauschen, wie du das geschafft hast. Ich bin schon gespannt und freue mich auf unser Treffen. |
Alles Gute… |
In diesem Gespräch geht es darum, was Dario gut gemacht hat, statt ihn zu kritisieren oder zu sanktionieren - und ihm dabei zu helfen, sich weiter zu verbessern. Beim lösungsorientierten Vorgehen knüpfen Gespräche an dem an, was der Schüler schon besser macht, statt an dem, was er alles falsch macht. Diese Gespräche sind einfacher, wirksamer und nachhaltiger (Eichhorn, 2022).
Exkurs Einzelgespräche im schulischen Kontext
Einige der Schulen machen das schon, z.B.:
- In der Allemannen-Schule in Wutöschingen, Träger Deutscher Schulpreis 2019, führen die Lehrpersonen Beratungsgespräche mit ihren SchülerInnen. Jede Lehrperson betreut eine Gruppe von 14 SchülerInnen. „Dazu gehört auch, Kinder daheim zu besuchen und zu wissen, wie der Hamster heißt“, so der Schulleiter, Herr Ruppaner. Ein wertvolles Vorgehen.
- Auch am Droste-Hülshoff Gymnasium Münster, ebenfalls Preisträger Deutscher Schulpreis 2019, führen die Lehrpersonen Beratungsgespräche mit ihren SchülerInnen.
- In der Quinoa-Schule in Berlin führen die Lehrpersonen zahlreiche Gespräche mit ihren SchülerInnen, beraten sie in schulischen Fragen und bei persönlichen Herausforderungen.
Die Vorteile von Einzelgesprächen sind z.B.:
- Die SchülerInnen werden persönlicher angesprochen als im Klassenrahmen.
- Sie fühlen sich ernster genommen.
- Wir können ihnen leichter Anerkennung und Wertschätzung geben.
- Wir können, falls sich SchülerInnen deutlich unangemessen verhalten, eher ohne Zeitdruck mit ihnen ins Gespräch kommen, um sie zu unterstützen.
- Die Sorgen, Ärger, Kritik etc. unserer SchülerInnen werden ernster genommen – das geht im Klassenrahmen fast nicht.
Unsere Führungsphilosophie, um Aggressionen, Gewalt und Beleidigungen einzugrenzen
Wir führen über Anerkennung und Wertschätzung – statt über Kritik und Strafe. Mit Erinnerungskarten, die wir im Klassenzimmer haben, notieren wir vor allem, was die SchülerInnen mit herausforderndem und aggressivem Verhalten gut machen, bzw. sich angemessen verhalten und geben zeitnah und freundlich Anerkennung.
Name | Worauf ich achte |
Kira | Statt andere beleidigen – freundlich sprechen |
Tamira | Statt zu spät kommen – pünktlich sein |
Dario | Statt durch die Klasse laufen – am Platz bleiben |
Stellen Sie sich bitte vor, Lehrpersonen arbeiten ohne diese Karten. Jetzt besteht, angesichts des enormen Drucks im Unterricht das Risiko, dass sie angemessenes Verhalten dieser SchülerInnen übersehen. Das wäre wirklich sehr schade. Denn damit übersehen sie eine große Chance, angemessenes Verhalten zu fördern. Kurz danach benimmt sich aber der Schüler wieder unangemessen. Jetzt muss die Lehrperson eingreifen. Das kann den Schüler ärgern.
- Wir beziehen unsere Schüler in die Unterrichtsplanung und Unterrichtsgestaltung mit ein, in dem wir beispielsweise mit ihnen besprechen: „Was braucht ihr, um euch in der Schule wohl zu fühlen und gut lernen zu können?“ Und indem wir mit ihnen darüber sprechen, was sie belastet und was wir Lehrpersonen und die Schüler selbst tun können, um diese Belastungen abzubauen. Dazu nutzen wir Satzergänzungen, wie z.B.:
- „Wenn ich mit meinen Hausaufgaben nicht klarkomme, dann mache ich…“
- „Wenn ich mich über meinen Lehrer geärgert habe, dann ….“
- „Wenn ich mich von einem Mitschüler belästigt fühle, dann …“. Zusätzlich begleiten wir sie in Einzelgesprächen.
Kurze Information zu weiteren bedeutsamen Aspekten:
Klassenregeln einführen! Die SchülerInnen beim Aufstellen der Klassenregeln einzubeziehen, ist sinnvoll (heute aber selbstverständlich). Nur: Mit Klassenregeln aufstellen ist es längst nicht getan. Jetzt kommt erst die Hauptarbeit. Nämlich:
- Rahmenbedingungen schaffen, die den SchülerInnen helfen, die Klassenregeln einzuhalten.
- Wichtig ist, dass die SchülerInnen spüren, dass es den Lehrpersonen wichtig ist, dass sie die Klassenregeln einhalten. Und dass sie Regelübertritte zeitnah bemerken und angemessen intervenieren.
Die Interventionsleitlinien bei Unterrichtsstörungen beachten! Klar ist es bedeutsam, bei Unterrichtsstörungen angemessen zu intervenieren. Das gelingt aber nicht immer. (Details dazu erfahren Sie in Eichhorn, 2018).
Die Vorteile
Wenn wir diese Leitlinien gemeinsam mit den Lehrpersonen entwickeln, dabei eventuell eine von außen kommende Fachperson einbeziehen, können wir ziemlich sicher sein, dass sich an unserer Schule eine für bedeutsame Aspekte des Schulalltags gemeinsame Haltung unter den Lehrpersonen entwickelt, die die Zusammenarbeit und die Unterrichtsführung fördert und ihre Kompetenzen steigert.
Natürlich kann dieser Beitrag aus Platzgründen nicht alle Aspekte umfassend erläutern. Ziel ist, Ihnen das Thema näher zu bringen.
Christoph Eichhorn ist Schulpsychologe in der Schweiz und Autor zum Thema Classroom-Management. Er arbeitet als Lehrbeauftragter an Universitäten und Pädagogischen Hochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz und gibt Workshops, Online-Workshops und hält Vorträge zu Classroom-Management.
Brophy, J., (2004): Motivating students to learn. Mahwah, NJ: Lorenz Erlbaum Associates Publishers.
Eichhorn, C. (2018): Classroom-Management Basiswissen Kompakt: Stören
- Die wirksamste Störungsprävention
- Interventionsleitlinien bei kleinen Störungen
- Interventionsleitlinien bei großen Störungen
2. Überarbeitete Auflage
Über amazon zu beziehen.
Eichhorn, C. (2019): Classroom-Management: Wie Lehrer, Eltern und Schüler guten Unterricht gestalten. Klett-Cotta, 12. Auflage.
Eichhorn, C. (2022): Mit Psychologie ins Klassenzimmer. Leichter und lockerer unterrichten. Über amazon zu beziehen.
Schleicher, A, Vodafone Stiftung Deutschland und OECD (2018): Erfolgsfaktor Resilienz: Warum manche Jugendliche trotz schwieriger Startbedingungen erfolgreich sind. Januar 2018, Düsseldorf
Schulverbund Bielefeld: https://www.uni-bielefeld.de/LS/laborschule_neu/docs/leitbildundstandards.pdf
Rosenberg, M. (2016): Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens. 12. Auf. Junfermann.
Valtin, R. (2012): Was ist das Schlimmste an der Schule? Befragung von 3 000 Berliner SuS der Klassen 7, 8, 9 der Sekundarstufe 1
Siehe auch unter: König, J., Wagner, C., Valtin, R. (2011): Jugend – Schule – Zukunft. Psychosoziale Persönlichkeitsentwicklung. Ergebnisse der Längsschnittstudie Aida. Waxmann Verlag.
Vohs, K., Baumeister, R. (2017). Handbook of Self-Regulation, Third Edition: Research, Theory, and Applications , Guilford Publications; Auflage: 3 New Edition.
Wettstein, A., Scherzinger, M., (2019): Unterrichtsstörungen verstehen und wirksam vorbeugen. Kohlhammer.