Teil 15: Rituale und Routinen attraktiv machen

Gerade hat Frau Kluge ihren SuS das neue Ritual erklärt. Jetzt sagt sie, „ich bin schon gespannt, wer es von euch schon kann und vormachen möchte“.  Einige Schüler melden sich. Frau Kluge zögert absichtlich ein bisschen. Sie will es damit ein bisschen spannend machen.  Dann sagt sie, „Robin, du darfst es mal probieren. Meinst du, dass du es schon kannst“. Danach dürfen es andere SuS vormachen oder alle Jungen – und dann alle Mädchen. Weitere Hinweise zu diesem bedeutsamen Thema enthält dieses Kapitel.

Legende: SuS= Schülerinnen und Schüler, S= Schülerin oder Schüler, L= Lehrperson, KG= Kleingruppe

Unterrichtssituation in der Klasse, Schüler zeigen auf

Wenn es Ihnen gelingt, ein Ritual für Ihre Klasse zu etwas Attraktivem zu machen, strengen sich Ihre SuS auch mehr an, es einzuhalten. Das erleichtert Ihre Arbeit.

Aber was wäre, wenn es Robin nicht schafft? Kein Problem. Frau Kluge sagt einfach freundlich, „ich freue mich Robin, dass du es gewagt hast, danke.“ Und fährt an ihn gerichtet fort, „möchtest du denn jetzt jemanden auswählen, der es als nächstes probieren darf?“

Wie ein Löwe an den Platz schleichen

In einer fünften Klasse mit einigen sehr „wilden“ Jungen besprach die L mit ihren SuS das Ritual „Wechsel vom Sitzkreis an den Platz“. Zur Einstimmung zeigte sie einen Film über Löwen in der Savanne. Dann sagte sie: „Wir haben doch gerade im Film gesehen, wie Löwen, ohne einen einzigen Laut von sich zu geben, durch die Prärie schleichen. Klar, sie müssen ja aufpassen dass die Beute, die sie jagen wollen, sie nicht frühzeitig hört und dann flieht. Stellt euch mal vor ihr seid Löwen und schleicht so leise an euren Platz, dass man keinen einzigen Laut hören kann – wer schafft das? Ich bin mal gespannt, ob das jemand von euch richtig gut kann.“ In diesem Rahmen könnte sie auch einen kleinen Wettbewerb mit dem Motto durchführen: „der Löwe, der richtig leise an seinen Platz schleicht, ist für heute der König der Löwen“. Am Schluss könnten der leiseste oder die leisesten drei „Löwen“ auch einen kleinen Preis erhalten. Vor allem in schwierigen Klassen bietet es sich unbedingt an, diese Möglichkeit im Kopf zu behalten. Wichtig ist, dass gerade auch die SuS mit schwierigem Verhalten den Ehrentitel „König der Löwen“ erhalten.

Positiv über alle Aspekte eines Rituals kommunizieren

„Gleich kommt etwas richtig Spannendes für euch“. Mit diesen Worten führt Frau Carlson in ihr Ruheritual ein, das sie dann ihren SuS erklärt. Ein derartiger Spannungsaufbau gelingt dann am besten, wenn ich als L klar davon überzeugt bin, dass ein geordnetes Klassenzimmer und Rituale ein elementarer Bestandteil guten Unterrichts sind. Die in den oben beschriebenen Kapiteln unserer Classroom-Management-Serie erwähnten positiven Rückmeldungen der L tragen wesentlich dazu bei, ein positives Klima rund um Rituale und Routinen zu etablieren.

Starke Belohnungen bei sehr schwierigen Klassen einsetzen

Rituale in richtig schwierigen Klassen einzuführen, ist Schwerstarbeit. Dabei sind sie gerade dort von herausragender Bedeutung. Hingegen könnte eine L in einer Klasse, in der ihre SuS alle ihre Anweisungen anstandslos befolgen, noch am ehesten auf Rituale verzichten. Legen Sie sich ein oder zwei für Ihre Klasse richtig attraktive Belohnungen zu. Der zentrale Punkt dabei ist, dass die Belohnungen für Ihre SuS so attraktiv wie möglich sind. Dann werden sich diese SuS eher darum bemühen, Ihre Rituale einzuhalten. Allerdings brauchen Sie in solchen Klassen einen langen Atem.

Liste: „Rituale attraktiv machen“:

  • Machen Sie sich klar, dass Rituale ein wesentlicher Bestandteil guten Unterrichts sind.
  • Machen Sie Ihre Rituale zu etwas Wichtigem und Attraktivem – und Ihre SuS kooperieren besser.
  • Setzen Sie bei sehr schwierigen Klassen auf starke Belohnung wie z. B. Extra-Zeit oder einen Hausaufgaben-Befreiungs-Schein. Geben Sie die Belohnung dann, wenn alle SuS das Ritual genau einhalten.

Ein guter Start in die Unterrichtsstunde erleichtert Ihre Arbeit enorm und fördert die Kooperationsbereitschaft Ihrer SuS. Wie Sie das erreichen, zeigt Ihnen das nächste Kapitel.


Christoph Eichhorn ist Schulpsychologe in der Schweiz und Autor zum Thema Classroom-Management. Er arbeitet als Lehrbeauftragter an Universitäten und Pädagogischen Hochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz und gibt Workshops, Online-Workshops und hält Vorträge zu Classroom-Management.

 

  • Eichhorn, C. (2015): Classroom-Management: Wie Lehrer, Eltern und Schüler guten Unterricht gestalten. Klett-Cotta. 8. Aufl.
  • Eichhorn, C., von Suchodoletz, A., (2014): Die Klassenregeln. Guter Unterricht mit Classroom-Management. Klett-Cotta, Stuttgart