Teil 8: Handlungsoptionen für schwierige Situationen im Voraus zurechtlegen
Als Frau Werding mit ihrer neuen Klasse ein Ritual einübte, sagten plötzlich einige SuS, „bei Herrn Schneider (dem Vorlehrer) mussten wir das nicht alles so genau machen, wie bei Ihnen. Das ist echt mühsam jetzt.“ Andere nickten zustimmend. „Wie gut, dass ich mich auf diese Situation gut vorbereitet habe“, dachte sie sich und meisterte souverän die anstehende Herausforderung. Wie Sie sich präventiv auf schwierige Unterrichtssituationen vorbereiten können, illustriert dieses Kapitel.
Warum es sinnvoll ist, sich auf Widerstand der SuS gut vorzubereiten
- Widerstand von Seiten der SuS gegen Vorhaben der L, bergen die Gefahr, dass die L „hot“, d.h. emotional reagiert.
- Damit steigt das Risiko nicht mehr gelassen, angemessen und klar agieren zu können.
- Wir lassen uns schneller zu Handlungen oder Aussagen hinreißen, die andere kränken oder ärgern.
- Das gefährdet die Beziehung zu diesen SuS. Wenn dann Solidarisierungseffekte unter den SuS entstehen, heizt das deren Widerstand gegenüber dem Ritual zusätzlich an.
- Vor allem SuS mit oppositionellem Verhalten reizen gerne eine L, von der sie vermuten, dass sie die Nerven verlieren könnte. Wenn sie das geschafft haben, fühlen sie sich großartig, weil sie das als Beweis sehen, das Verhalten ihrer L steuern zu können.
Liste: Handlungsoptionen für schwierige Situationen im Voraus zurechtlegen
Sprechen Sie sich, vor allem, wenn Sie eine schwierige Klasse übernehmen, mit dem Vorlehrer ab. Folgende Fragen bieten sich im Zusammenhang mit dem Thema „Rituale einführen“ an:
- Welche Rituale haben in seiner Klasse gut geklappt? Wie hat er das erreicht? Wie genau mussten seine SuS das Ritual einhalten?
- Was ist aus seiner Sicht besonders zu beachten, wenn man mit der Klasse ein Ritual einführen möchte?
- Was sollte man auf keinen Fall tun?
- Welche SuS halten sich gut an die Vorgaben ihrer L, welche eher nicht und brauchen deshalb mehr Unterstützung?
- Gibt es SuS, die Ritualen ablehnend gegenüber stehen?
- Wenn es sich um SuS ab etwa 12 Jahren und älter handelt: Was hat Ihr Kollege getan, um seinen SuS den Sinn von Ordnung im Klassenzimmer nahe zu bringen?
- Mit welchen Formen von Widerstand auf Seiten der SuS ist zu rechnen? Und mit welchem Vorgehen hat der Kollege gute Erfahrungen gemacht?
Was Sie noch tun können:
- Notieren Sie mögliche Schwierigkeiten, die auftreten können, wenn Sie ein Ritual einführen. Legen Sie sich dann eine Handlungsoption für diese spezielle Herausforderung zurecht.
- Überlegen Sie, ob es sinnvoll ist, sich mit anderen L diesbezüglich abzusprechen.
Beachten Sie bei all dem aber, dass sich die Klasse Ihnen gegenüber ganz anders verhalten kann als bei Ihrem Vorgänger. Das ist durchaus normal, weil jede L ein anderer Mensch ist und anders unterrichtet.
Das nächste Kapitel beschreibt, wie Sie diese Methode noch verfeinern. Dabei tritt mentale Emotionsregulation in den Vordergrund.
Christoph Eichhorn ist Schulpsychologe in der Schweiz und Autor zum Thema Classroom-Management. Er arbeitet als Lehrbeauftragter an Universitäten und Pädagogischen Hochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz und gibt Workshops, Online-Workshops und hält Vorträge zu Classroom-Management.
- Eichhorn, C. (2015): Classroom-Management: Wie Lehrer, Eltern und Schüler guten Unterricht gestalten. Klett-Cotta. 8. Aufl.
- Eichhorn, C., von Suchodoletz, A., (2014): Die Klassenregeln. Guter Unterricht mit Classroom-Management. Klett-Cotta, Stuttgart
- Marzano, R., Marzano, J., Pickering, D. (2003): Classroom Management that works.
- Research-based Strategies for every Teacher.Alexandria, USA