Das Mediationsbrett - einfaches Werkzeug - große Wirkung!

Konflikte sind oft sehr vielschichtig und verworren, Lösungen nicht leicht zu finden. Ingrid Ratzinger hat in ihrer Arbeit als Betreuungslehrerin das Mediationsbrett von Viktor Bauernfeind als ein praktisches Hilfsmittel für den schulischen Gebrauch kennen und schätzen gelernt. Es hilft PädagogInnen, TrainerInnen und Coachs dabei, Menschen faire Konfliktaustragungen einfach zu vermitteln und erlebbar zu machen. Im folgenden Artikel stellt sie dieses Lehrmittel vor.

Jugendlicher, der mit der Hand auf einen anderen Jugendlichen zeigt

Was ist ein Mediationsbrett und wie verläuft eine Konfliktmediation?

Das Mediationsbrett ist ein Lehrmittel zur Vermittlung von Konfliktkompetenz im Schulalltag und zur Übung von Konfliktbewältigung. Es ist geeignet für Kinder und Jugendliche im Alter von 8 bis 18 Jahren. Der Ablauf einer Mediation wird Schritt für Schritt begriffen.
Bevor man mit dem Mediationsbrett an der konkreten Lösung eines Konfliktes arbeitet, ist es erforderlich, sich mit allen TeilnehmerInnen bezüglich folgender Punkte zu einigen. Das Ziel ist, eine gemeinsame Lösung für einen bestehenden Konflikt zu finden.
Alle Beteiligten halten sich an folgende Regeln:

  • Respektvoller Umgang.
  • Wir hören einander zu – wenn möglich mit Augenkontakt.
  • Nur wer den Stein hält spricht.

Konfliktlösung in vier Schritten begreifen


​​​​​​​1. Erzählen

Der/die beginnende TeilnehmerIn nimmt seinen/ihren Stein zur Hand ("Wer den Stein hält, spricht") und erklärt die Situation und deren Vorgeschichte aus seiner/ihrer Sicht. Die anderen TeilnehmerInnen hören währenddessen zu. Ist die Person damit fertig, legt sie den eigenen Stein in die erste kleinere Ausnehmung "Erzählen". Ebenso verfahren auch die anderen TeilnehmerInnen. Sind alle damit fertig, gehen sie zum nächsten Schritt über. Ihre Steine lassen die TeilnehmerInnen so lange in der Ausnehmung "Erzählen" liegen, bis sie zur Behandlung des zweiten Verhandlungsschrittes "Wünsche" an der Reihe sind.

2. Wünsche formulieren

Im zweiten Schritt erklären die TeilnehmerInnen ihre Wünsche und Ziele für die Zukunft in Bezug auf das Verhandlungsthema. Der Austausch der Standpunkte erfolgt wie in der ersten Runde. Sind die TeilnehmerInnen am Wort, nehmen sie ihren Stein aus der Ausnehmung "Erzählen" und legen ihn in der Ausnehmung "Wünsche" ab, sobald sie ihre Wünsche und Ziele zum Thema ausreichend dargestellt haben.
In diesem Schritt kommt im besten Fall auf den Tisch, worum es bei der Lösung des Konfliktes tatsächlich gehen muss. Manchmal besteht der Wunsch nach einer Entschuldigung, einer Wiedergutmachung, einer Versöhnung. Ein andermal geht es den TeilnehmerInnen um Vereinbarungen für die Zukunft.

3. Vorschläge machen

In diesem Schritt geht es vor allem darum, das Potential für eine gemeinsame Lösung zu aktivieren.
Alle TeilnehmerInnen suchen und nennen möglichst viele Lösungsvarianten, beziehungsweise welche konkreten Schritte sie bereit sind zu machen, damit eine gute Lösung für alle Beteiligten zustande kommt. Die Vorschläge werden einzeln und sorgfältig auf ihre Vor- und Nachteile überprüft. Wie in den Schritten zuvor nimmt der/die TeilnehmerIn den Stein aus der vorangegangenen Ausnehmung, macht Vorschläge und legt danach den Stein in die betreffende Ausnehmung.

4. Einigung

Die TeilnehmerInnen einigen sich auf den Lösungsvorschlag, der allen am besten gefällt, der am annehmbarsten und sinnvollsten erscheint. Sind sich die TeilnehmerInnen über einen Vorschlag als Lösung für ihren Konflikt einig, legen sie zum Zeichen dafür ihren Stein in die vierte Ausnehmung mit der Aufschrift "Einigung". Zusätzlich kann die Einigung durch einen schriftlichen Vertrag bekräftigt werden.
Oft ist es dabei von Vorteil, einen Beobachtungszeitraum zu vereinbaren und einen Termin festzusetzen, an dem besprochen wird, inwieweit sich die vereinbarte Lösung im Alltag realisieren lässt und sich bewährt.
Durch regelmäßige Gruppengespräche über alle die Kommunikation und schaffen so einen vertrauten Rahmen für die Lösung zukünftiger Konflikte.

Meine Rolle als Konfliktbegleiterin

Ich initiiere und begleite die Verhandlungen unter Gruppenmitgliedern:

  • Jede/r darf erzählen, was war.
  • Jede/r sagt seine Wünsche zum Thema.
  • Alle Beteiligten machen Lösungsvorschläge.
  • Die Einigung wird festgehalten.

Ich helfe den Gruppenmitgliedern, Gefühle zum Ausdruck zu bringen und Sprache für inneres Erleben zu finden, da oft erst dadurch die wahren Hintergründe von Konflikten zu Tage treten und bewältigt werden können. Wir reflektieren Wutstrategien und finden neue Möglichkeiten, um Konflikte seltener werden zu lassen. Ich stelle klar, welche Angelegenheiten verhandelbar sind und welche nicht, um eine Atmosphäre von Sicherheit, Klarheit aber auch persönlicher Wertschätzung zu fördern.

Meine Erfahrung mit dem Mediationsbrett

Das Mediationsbrett hilft mir in meiner Arbeit als BetreuungslehrerIn bei der Klärung und Lösung von Konflikten jeglicher Art und ist für mich ein unerlässliches Werkzeug geworden. Besonders freue ich mich über die positive Veränderung eines Schülers: Mario (10J.) war immer wieder in Streitereien und Schlägereien verwickelt, er hatte bereits längere Zeit eine Außenseiterrolle in seiner Klasse. Durch die Konfliktbearbeitung mit dieser strukturierten Methode fand man an der Schule eine hilfreiche Herangehensweise, um Mario das Gefühl zu vermitteln, dass er wahrgenommen und gehört wird und er selbst einen Beitrag leisten kann, um seine äußerst unangenehme Situation zu verbessern.
Innerhalb eines halben Jahres schaffte es Mario, dass er jetzt sein Verhalten in schwierigen Situationen gut kontrollieren kann und er sogar anderen hilft, wenn es zu Streitereien kommt.

Eine erfreuliche Entwicklung konnte ich auch in einer anderen Klasse feststellen, wo sich jetzt die Mädchen bei Problemen schon alleine zusammensetzen und mit den Schritten des Mediationsbrettes an einer Lösung arbeiten. Sie holen sich erst dann Hilfe, wenn sie es alleine nicht schaffen.
Besonders hilfreich ist mir das Mediationsbrett bei der Umsetzung des Konzeptes der Neuen Autorität, da alle Beteiligten miteinbezogen werden und an eine gemeinsamen Einigung/Lösung arbeiten.
Meine Erfahrungen sind dermaßen positiv, dass ich es jedem nur empfehlen kann. Endlich ein Werkzeug, das einfach ist und eine große Wirkung hat!

 

Ingrid Ratzinger - Betreuungslehrerin im Bezirk Perg und Schulbegleiterin /Trainerin des Projektes "Neue Autorität und Schule" am Beratungszentrum der Privaten PH - Linz