Die goldene Wunderschale
Auch heute - als Direktorin einer Volksschule - nützt sie Supplierstunden, um mit Kindern in diese Klänge einzutauchen. Hier berichtet sie über ihre Erfahrungen.
Schon als Klassenlehrerin stimmten wir uns morgens mit der Klangschale auf einen gemeinsamen Schultag ein. Jedes Kind hörte dabei dem anderen so lange zu, wie dieses die Klangschale anschlug.
Die Ruhe der Klänge berührt die Kinder in ihrem Innersten und erzeugt eine Atmosphäre, in der sie besser zuhören können. Die wohltuenden Schwingungen haben dabei eine entspannende Wirkung auf Körper und Geist.
Auch in der Arbeit als Betreuungslehrerin gehören die Klangschalen zu meinen fixen Unterrichtsmaterialien. Durch ihre einfache Handhabung und den flexiblen Einsatzbereich, sind sie ideale Begleiter im gesamten Schulalltag. Klangschalen eignen sich hervorragend, um alle Sinne zu erleben. Sie können sowohl in der Einzel- und Gruppen- als auch in der Klassenarbeit eingesetzt werden.
Beim Erfinden von Klangspielen sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt
In manchen Situationen bietet es sich an, einem einzelnen Kind die Klangschale ein paar Minuten auf die Handfläche zu stellen und zum Tönen zu bringen. Gerade bei Kindern mit feinmotorischen Problemen kann so die Hand bewusst entspannt und gleichzeitig angeregt werden. Das Schreiben geht dadurch wieder lockerer.
Bei hyperkinetischen Kindern reagiert das taktile System oft überempfindlich. Wird die Klangschale auf den Körper gestellt, können die Kinder die Schwingungen intensiver wahrnehmen. Die Aufmerksamkeit wird dabei auf die einzelnen Körperteile, wie Arme oder Beine gerichtet, und die Kinder spüren, wie sich die Schwingungen ausbreiten. Positive Erfahrungen habe ich auch bei geistig behinderten Kindern gemacht, die durch die Klangmassage lernen, sich auf sich selbst zu konzentrieren, die Wahrnehmung nach innen zu lenken und so zwischen Außen und Innen und zwischen Bewegung und Ruhe zu differenzieren.
In einer Gruppe von bis zu vier Kindern kann gespürt werden, wie weit die Schwingungen der Klänge wahrnehmbar sind. Die Hände liegen übereinander. Ganz oben befindet sich die Klangschale. Diese wird angeschlagen und die Kinder spüren, wie die Schwingungen durch die Hände hindurchgehen.
Mehrere Schülerinnen und Schüler können ihre Hände auf den Tisch legen und spüren, wie die Klangschale die Tischplatte zum Schwingen bringt. In eine größere Klangschale können sich Kinder einzeln hineinstellen, während diese angeschlagen wird. Die Schwingungen durchfließen über die Füße den ganzen Körper und lassen das Kind diesen bewusst spüren.
Klangschalen eignen sich auch zur Förderung der auditiven Wahrnehmung
Beim kurzen Innehalten, wenn möglich mit geschlossenen Augen, werden Momente erzeugt, in denen das Kind dem Klang intensiv zuhört und dem verklingenden Ton lauscht. Auch unterschiedliche Intensität, Höhe und Richtung der Töne können wahrgenommen werden und erfordern Ruhe und aktives Zuhören.
Klang ist ein hervorragender Begleiter für Phantasiereisen
Immer wieder arbeite ich über mehrere Wochen in Klassen, um mit den Schülerinnen und Schülern „Klangreisen“ zu machen. Idealerweise finden diese regelmäßig zur gleichen Zeit einmal wöchentlich statt. Im Nachhinein erzählen die Kinder oft von sehr persönlichen Erlebnissen während der Phantasiereise.
Klangschalen zur Unterstützung bei der Lösungsfindung
Wenn Spannungen und Konflikte zwischen Kindern auftreten, verwende ich meine Klangschalen häufig zur Unterstützung bei der Lösungsfindung. Der behutsame Umgang damit überträgt sich dabei auf den Umgang der Kinder untereinander. In einer Atmosphäre von Achtsamkeit und Wertschätzung werden Wege aus dem Streit schneller gefunden. Auch vor Prüfungen dient eine kurze Klangmeditation zur Entspannung und Konzentration.
Klang ist, wie bereits Hildegard von Bingen erkannte, eine Möglichkeit, Ruhe und Harmonie zu erfahren. „Wann darf ich wieder zu einer Klangreise kommen?“ fragt mich Nico, ein hyperaktiver Bub aus einer 2. Klasse - und ich bin dankbar, diese goldene Wunderschale für mich entdeckt zu haben.
Beatrix Brunner BEd MEd, Sonderpädagogin, Grundschullehrerin, Betreuungslehrerin, Leiterin der VS Promenade/Steyr